Dienstag, November 15, 2022

Kostentransparenz sichert langfristig Lieferbeziehungen

Angesichts weltweit stark steigender Energiepreise beriet die BME-Fachgruppe „Global Sourcing“ kürzlich über Lösungsmöglichkeiten für den Einkauf in einem schwierigen internationalen Umfeld.
Energiekrise Gerd Altmann Pixabay

Quelle: © Gerd Altmann/pixabay.com

Die Energiekosten sind für die Unternehmen gegenwärtig zentraler Preistreiber. Der industrielle Einkauf sucht mit aller Kraft nach geeigneten Lösungsmöglichkeiten. Das Thema stand auch im Mittelpunkt eines Meinungsaustausches der Fachgruppe Global Sourcing des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME). Dabei kamen die mehr als 20 Teilnehmenden der Diskussionsrunde zu dem Ergebnis: Kostentransparenz sichert langfristig Lieferbeziehungen!

Zuvor hatte die Fachgruppe Global Sourcing folgende Erkenntnisse zusammengetragen: Einsparungen oder Umstieg auf erneuerbare Energien – die Antwort der Wirtschaft auf diese Frage habe viele Facetten. Gleichzeitig wachse aber auch der Druck auf sie. Im internationalen Wettbewerb seien die hohen Energiekosten zunehmend ein deutlicher Nachteil. Bei den Energiekosten klaffe die Preisschere zwischen Deutschland und den anderen europäischen Staaten immer weiter auseinander. Noch deutlicher seien diese Preisunterschiede, wenn der Blick nach China oder in die USA gerichtet werde. Während bei den Energiepreisen vor allem die Politik gefragt sei, ist das Handling der Energiekosten die Aufgabe des Einkaufs. „Die Unternehmen drehen aktuell jeden Stein um, damit Kostentreiber und Kostenkomponenten im Bereich Energie identifiziert beziehungsweise optimiert werden können. Dabei stößt vor allem der Mittelstand auf Transparenzgrenzen in der globalen Lieferkette”, betont Olaf Holzgrefe, Leiter International und Leiter der Fachgruppe Global Sourcing des BME.

Global Sourcing beginne bereits in Deutschland. Aber das Thema Energie sei ausgehend vom Heimatmarkt eine internationale Aufgabe. Aktuell würden Energie-Forecasts über das kommende Jahr hinaus von den Anbietern verlangt. Dabei sinke die Zahl der gewünschten Abweichungen in den Verträgen immer weiter. Von maximal fünf Prozent berichten die Fachgruppenteilnehmer; seien es mehr, müssten Spotpreise bezahlt werden. „Wir stellen uns die Frage, wie wir den Energieverbrauch im Unternehmen für 2024 und 2025 in derart engen Grenzen belastbar prognostizieren sollen,“ sagt Ingolf Oßfeld, Global Head of Purchase & Logistics der aichele Group GmbH + Co. KG.

Gleichzeitig bewirke die Preiskalkulation von Lieferanten zunehmend neue Herausforderungen: Was sind die Preiskomponenten im Produkt? Und was davon sind Energiekosten? Transparenz ist also gefragt. „Hier stoßen Einkäufer an Grenzen, denn Lieferanten scheuen Kostentransparenz. Größere Betriebe steuern mithilfe von Künstlicher Intelligenz oder Indikatorenanalysen erfolgreich gegen. Damit schaffen wir Know-how und Verhandlungsoptionen im Unternehmen“, so ein weiterer Einkäufer. Allerdings könne diesen Aufwand in Zeiten umfassender Herausforderungen in globalen Lieferketten nicht jeder Mittelständler betreiben.

Die aktuellen Probleme in den Lieferketten sind groß. Auch deshalb, weil es dort gilt, die schwarzen Schafe zu entdecken. „Wir haben einzelne Kunden identifizieren können, die langfristig günstige Energieverträge besitzen, die aktuelle Situation allerdings für sich ausnutzten und auf der Preiswelle mitschwammen“, kritisiert ein Einkäufer der Fachgruppe. Kostentransparenz schütze und sichere die langfristige Zusammenarbeit. „Stellen wir gemeinsam mit dem Lieferanten fest, dass die Aufschläge notwendig sind, können wir gemeinsam unsere Hausaufgaben machen“, fügt der Einkaufsexperte hinzu.

Die offene Kalkulation treffe aber nicht immer auf offen Ohren. Das sei auch der Fall, weil in vielen Fällen der Preisfaktor „Energie“ nicht singulär erfasst wurde. Meist werden Energiekosten allgemein erfasst, so der Tenor der Fachgruppe. Der Anteil an Energie im Stückpreis? Nicht jeder habe diesen auf Knopfdruck parat. Hier Transparenz herzustellen sei auch ein Schritt in die Zukunft. Denn eines sei klar: Die Energiepreise fallen nicht wieder auf den Vor-Krisen-Stand.

Digitalisierung gelte in diesem Zusammenhang als eine mögliche Antwort. Sich mit dem Partner an einen Tisch zu setzen und gemeinsam Transparenz herzustellen, sei die andere. „Denn nur, wenn wir die Rahmenbedingungen kennen und die Anteile identifizieren, die hier beispielweise auf den Faktor Energie fallen, können wir Lösungen erarbeiten, Optimierungen auf den Weg bringen oder Schwachstellen ermitteln. Ziel ist es, mit unseren Lieferanten langfristig zusammenzuarbeiten,“ stellt Bodo Schröckert, Head of International Strategic Purchasing der Roth Industries GmbH & Co. KG, klar.

Wichtig sei dabei der Aufbau von Vertrauen – das wurde auch in den Diskussionen der BME-Fachgruppe deutlich. Grundlagen wie Geheimhaltungsvereinbarungen, klare Definition der Prozesse, aber auch Offenheit bei allen Bestandteilen (Materialeinsatz, Logistik, Personal, Produktion etc.) seien unverzichtbar. Beiden Seiten gehe es letztlich um das Sicherstellen einer langfristigen Partnerschaft und Planungssicherheit bei den Bestellmengen.

Über die BME-Fachgruppe Global Sourcing: Mehr als 20 BME-Fachgruppen beschäftigen sich mit allen wichtigen Details rund um Einkauf, Logistik und Supply Chain. Bei der Fachgruppe Global Sourcing stehen besonders die Themen Lieferketten, globale Vernetzung und Diversifizierung im Fokus.

Olaf Holzgrefe
Leiter International Business & Affairs
Tel: +49 6196 5828-343